-Von Spekulanten und Sozialschmarotzern-
Dass es seit einigen Jahrzehnten immer mehr Faktoren gibt, die unserem Sozialstaat mehr und mehr Probleme bereiten, dürfte wohl jedem klar sein. Doch was macht ihm denn nun tatsächlich am meisten zu schaffen? Um trotz der vielen verschiedenen Ursachen einen groben Überblick behalten zu können, kann man die Argumente in zwei größere Kategorien einteilen. Das sind auf der einen Seite die Argumente der selbsternannten “Leistungsträger” unserer Gesellschaft und auf der anderen Seite sind es die Argumente der Personen, die auf den ersten Blick am meisten vom Sozialstaat profitieren, nämlich diejenigen, die von den “Leistungsträgern” als “Schmarotzer” bezeichneten Personen. Zunächst einmal muss man schon an dieser Stelle tief Luft holen. Warum? Die Tatsache, dass sich hier zwei Gruppen, durch deren Miteinander und Füreinander der Sozialstaat erst garantiert wird, gegenseitig Vorwürfe machen ist schon ein Problem mit dem es vorsichtig umzugehen gilt. Denn man muss sich dem bewusst sein, dass im Extremfall der Sozialstaat nicht durch Grundgesetze oder staatliche Gewalt garantiert wird, sondern allein dadurch, dass die Bürger ihn auch tatsächlich erhalten wollen, weil sie ihn als wichtigen Grundpfeiler unserer Gesellschaft und der inneren Sicherheit ansehen.
Somit ist offensichtlich, dass jemand der nicht die Debatte um die Finanzierung des Sozialstaats, sondern das Teilen der Öffentlichen Meinung und der Gesellschaft in “Leistungsträger” und “Schmarotzer” fördert, den völlig falschen Weg eingeschlagen hat und allenfalls auf seinen Vorteil bedacht ist.
Wenn man zur Zeit eine Person herauspicken müsste, um die selbsternannten “Leistungsträger” zu repräsentieren, kommt man sehr schnell auf den Bundesaußenminister, Herr Westerwelle. Er hat in letzter Zeit immer wieder Schlagzeilen gemacht, weil er sich etwas unvorsichtig ausgedrückt hat. Er selbst hat es so formuliert: “Das Volk will die Wahrheit hören.” Er spricht von der Wahrheit, dass wir auf einem “Marsch in eine Gesellschaft von Taschengeldempfängern” sind, den es gelte zu beenden, wie es Christian Lindner von der FDP formulierte. Dies ist ein Problem, mit dem wirklich jeder Sozialstaat zu kämpfen hat. Denn es lässt sich schlicht nicht vermeiden, dass das Sozialstaatsprinzip von manchen Personen dazu missbraucht wird um sich auf die faule Haut zu legen. Um dagegen vorzugehen, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man schwächt den Sozialstaat, oder man trifft Maßnahmen um die Qualität des Sozialstaats, für alle die, weiterhin zu gewährleisten, die ihn nicht nur ausnutzen und versucht die Schlupflöcher, durch die tatsächliche Schmarotzer gelangen können, zu verkleinern.
Ein weiteres Argument dafür, die Hartz-IV Sätze zu kürzen sei, dass sich Arbeit wieder lohnen muss. Der Unterschied zwischen Arbeitslosengeld und Niedriglöhnen müsse deshalb größer werden. Doch was passiert wenn man die Hartz-IV Sätze kürzt? Anfangs trifft die Aussage durchaus zu. Der Unterschied nimmt zu. Doch bald wird es sich wieder beim Alten eingependelt haben. Vielleicht sogar noch schlimmer, denn wenn das Arbeitslosengeld weniger wird, können Firmen Jobs im Niedriglohnsektor noch schlechter bezahlen als zuvor. Hartz-IV Empfänger sehen sich gezwungen noch schlechter bezahlte Jobs anzunehmen. Soll dies das Prinzip hinter dem Sozialstaat sein, auf welches wir uns im 21. Jahrhundert freuen können? Ist das neue erklärte Ziel des Sozialstaats wirklich, dass man jedem eine Arbeit beschafft, egal zu welchem Preis?
Wie unschwer zu erkennen ist, geht es auch bei diesem Thema fast nur ums Geld. Aus dem einfachen Grund, dass es fehlt. Wo kann man also sparen? Westerwelle ist sich dabei schon sehr sicher. Doch was ist die Option? In den vergangenen Jahren wurde nicht wenig Geld für Unternehmen und Banken ausgegeben, die mit dem wertvollen Geld schlecht umgegangen sind und jedes Risiko eingegangen sind um ihre Profitgier zu stillen. Ja sie haben es sogar geschafft, den Wert, unseres zum Glück noch wertvollen Geldes, drastisch zu mindern. Doch sie mussten sich keine Sorgen machen, da Vater Staat sie nie im Stich gelassen hat. Das muss ein gutes Gefühl sein. Übertreibe ich, oder hat der Staat nun wirklich viel in die Rettung seiner plötzlich verarmten “Leistungsträger” investiert?
Eine kurze Rechnung:
80.000.000.000€ Finanzspritzen für Banken
400.000.000.000€ Bürgschaften für Banken
85.000.000.000€ für die beiden Konjunkturpakete
115.000.000.000€ für Unternehmen
Gesamtbetrag: 680.000.000.000€
Nun stellt sich noch die Frage: Wie viel kostet Hartz IV eigentlich? Die Antwort lautet 36.000.000.000€. Das ist allerdings sehr viel Geld. Doch mit dem Geld das man in die Krise investiert hat, könnte man knapp 19 Jahre lang Hartz IV stämmen. Haben sich da tatsächlich die richtigen Leute das große “L” auf die Stirn geschrieben, welches natürlich für Leistungsträger steht?
Doch man muss auch hier vorsichtig sein, um sich nicht selbst dazu verleiten zu lassen, die Gesellschaft in Gut und Böse zu teilen und einer Gruppe oder Schicht die Alleinschuld zu geben. Viel mehr muss man wissen, wo intelligent gespart werden kann. Manchmal muss man beim sparen Leuten nicht einfach immer Geld wegnehmen, sondern muss ihnen zeigen, dass man auch viel Geld sparen kann, indem man am Risiko spart. Ebenfalls muss die Politik ihre Aufgabe auch darin sehen, den Grundpfeiler des inneren Zusammenhalts der Gesellschaft und der Sicherheit zu schützen. Sie darf sich nicht zur Aufgabe machen, das Volk gegeneinander aufzuhetzen.
http://www.youtube.com/watch?v=a8RULZ2eFQc