Sind die Vereinten Nationen den sicherheitspolitischen Herausforderungen in Afghanistan gewachsen?

Die Intervention in Afghanistan stellt für die Vereinten Nationen eine immer größere Herausforderung dar, da der Erfolg oder nicht Erfolg in diesem Land einen maßgeblichen Einfluss auf die Sicherheit der westlichen Welt hat. Doch sind die Vereinten Nationen dieser sicherheitspolitischen Herausforderung überhaupt gewachsen? Die Nachfolgende Erörterung soll auf die Frage eine Antwort geben. 

Seit der westlichen Intervention sind durchaus Fortschritte in Afghanistan aufzufinden. Taliban und Al-Quaida sind aus vielen Gebieten zurückgedrängt worden. Es gibt nun mehr „sichere“ Gebiete im Land, in denen nun der zivile Wiederaufbau viele Fortschritte aufzuweisen hat. Das Gesundheitswesen wird aufgebaut, ebenso wie Bildungseinrichtungen. Auch die Situation der Frauen, die in den alten Stammeskulturen keinen hohen Stellenwert genießen, hat sich stark verbessert. Nicht zuletzt wurde durch die Hilfe der UN in Afghanistan eine Demokratie geschaffen, die helfen soll, den „neuen“ Staat zu stabilisieren und so keinen Platz für Terroristen zu schaffen.

Betrachtet man die Lage in Afghanistan allerdings genauer, so wird deutlich, dass die Fortschritte in der Relation keine wirklichen Lösungen darstellen. So ist zum Beispiel die Regierung um Präsiden Karsai ein Kabinett ohne Rückhalt und mit nur sehr geringem Einfluss in der eigenen Bevölkerung. Vorwürfe von Korruption und Wahlbetrug lassen das Vertrauen in die Regierung und damit auch in die Besatzungsmächte, die die Regierung schließlich aufgebaut haben, weiter schwinden.    

Mit der Besetzung Afghanistan und dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus, hat die UN einen langwierigen und komplexen Einsatz begonnen. Bis Heute sind noch lange nicht alle Teile von Afghanistan unter Kontrolle und somit frei von Taliban-Anhängern. Auch die Ausbildung von afghanischen Sicherheitskräften und die Strategie die dahinter steckt, ist durchzogen von sehr vielen Rückschlägen. Ein Beispiel hierfür sind die, von einem afghanischen Auszubildenden, getöteten deutschen Soldaten.

Hinzukommt die fehlende Beteiligung von vielen UN-Staaten an dem Wiederaufbau-Einsatz in Afghanistan. Eine Eingliederung der gesamten internationalen Gemeinschaft, währe wohl von Nöten, um der Herausforderung gerecht zu werden.

Zu einem scheitern in Afghanistan trägt auch die so genannte asymmetrische Kriegsführung bei. Zwar sind die Hochgerüsteten Truppen sowohl Zahlenmäßig, als auch ausstattungs-technisch, den Widerstandskämpfern überlegen. Doch die Undurchsichtigkeit der Bevölkerung, also wer zu den Taliban gehört und wer nicht und vor allem der Wechsel mancher Menschen von Taliban-Anhänger, zu Taliban-Gegner sowie die wiederkehrenden Anschläge auf die ausländischen Soldaten, lassen die Vereinten Nationen, meiner Meinung nach, eindeutig in das Licht rücken, dass sie der sicherheitspolitischen Herausforderung in Afghanistan in keiner Weise gewachsen sind. Verdeutlicht wird dies durch den Streit über einen Möglichen Rückzugstermin aus Afghanistan und die daraus entflammende Debatte, ob ein Rückzug aus Afghanistan zu diesem Zeitpunkt überhaupt Möglich ist, ohne das der Staat wieder in seine alte, unsichere Struktur zerfällt und so zu einer noch größeren sicherheitspolitischen Herausforderung wird.

Bundeswehrreform und das neue Afghanistan Mandat

Nun ist es soweit: Die im Jahr 1957 eingeführte Wehrpflicht inklusive Musterung wird aufgehoben. Zukünftig sollen nur noch Freiwillige Dienst an der Waffe tun. Schon ab 1. März 2011 wird keiner mehr gegen seinen Willen bei der Bundeswehr eingezogen. Jedoch bleibt die allgemeine Wehrpflicht weiterhin im Grundgesetz verankert und setzt im Verteidigungsfall wieder ein. Auch soll die zukünftige 240.000 Mann starke Bundeswehr auf 185.000 herabgesetzt werden. Desweiteren soll der freiwillige Wehrdienst 12-23 Monate dauern und eine 6 monatige Probezeit beinhalten.

Wenn es um die Frage geht, wann deutsche Truppen aus Afghanistan abgezogen werden, gab es oft nur Spekulationen. Nun legt aber Verteidigungsminister zu Guttenberg konkrete Pläne zum Truppenabzug, der schon Ende 2011 beginnen soll, vor und hofft dabei auf die Unterstüzung der SPD. Der eben genannte Abzug soll sich bis in das Jahr 2014 hinziehen. Trotzdem sei dieser Abzug auch sehr von der in Afghanistan herrschenden Sicherheitslage abhängig. Ein verantwortungsloser Abzug deutscher Truppen gegenüber der afghanischen Bevölkerung kommt für Karl-Theodor zu Guttenberg nicht in Frage. Am 28. Januar soll der Bundestag über diese Mandat entscheiden.

Deutschland nach dem Luftangriff

Nachdem es 2009 in Afghanistan zunehmend brenzliger wurde, kam es am 4. September 2009 zum wohl folgenschwersten Zwischenfall der Bundeswehr nach dem 2. Weltkrieg. Am besagten Tag gegen 2:00 Uhr Ortszeit, wurden 2 von der Taliban entführte Tanklaster durch US. Jagdbomber angegriffen und komplett zerstört, wobei der Befehl von Oberst Klein, der von einer direkten Bedrohung seiner Soldaten ausging, angefordert wurde. Neben dutzenden toten Talibankämpfern, gab es auch zivile Opfer zu beklagen. Da unser damaliger Verteidigungsminister Franz Josef Jung der Öffentlichkeit und dem Parlament sehr wichtige Informationen vorenthalten hatte, trat er zurück. Im laufe der Debatte wurde immer deutlicher, dass es eine bewusste Verschleierung von Informationen gegeben hat, was dazu führte, dass man den kompletten Afghanistaneinsatz der Bundeswehr in Frage stellte und an der Glaubhaftigkeit unseren zuständigen Ministern, wie z. B. Karl Theodor zu Guttenberg, zweifelte. Nach wie vor verstrickten sie sich immer öfters in Widersprüche, da z.B Guttenberg anfang November den Luftangriff noch als militärisch angemessen, Wochen später ihn aber militärisch unangemessen nannte. Der Druck auf Karl Theodor zu Guttenberg stieg zunehmend seitens der Öffentlichkeit bzw. anderen Politikern. Zudem legte man ihm den Rücktritt nahe. Letztendlich wurde der damalige Generalinspekteur der Bundeswehr Wolfgang Schneiderhan seines Amtes enthoben, da er die volle Verantwortung dafür übernahm, dass Guttenberg nicht alle Informationen vorgelegt wurden.

http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video614272.html

Da die Afghanistan-Konferenz Ende Januar unmittelbar bevorstand, wollte man Ende 2009 nicht voreilig eine neue Strategie festlegen, sondern das weitere Vorgehen mit anderen NATO Partnern diskutieren. In dieser London-Konferenz trafen sich alle 43 beteiligten Staaten, die Nachbarländer Afghanistans und der Präsident von Afghanistan Hamid Karsai. Wie vermutet wurde, beherrschte Amerika die Politik für Afghanistan. Obama beschloss zusätzlich 30.000 Soldaten zu entsenden und größeren Wert auf den Wiederaufbau Afghanistans zu legen. Auch entschied er sich dafür demnächst 2.500 Soldaten in den Norden von Afghanistan zu beordern, das Gebiet, dass den Deutschen unterstellt ist: Ihr könnt es nicht, wir müssen ran. Deutschland blamiert sich in Afghanistan und vor allen anderen Verbündeten. Und immer wieder diese Frage: Soldaten abziehen oder weitere nach Afghanistan schicken? Deutschland entschied sich in London für zusätzliche Soldaten. Das neue Bundestagsmandat soll nun aus 5350 Soldaten bestehen. Im Gegensatz zur USA, die nun eine Truppenstärke mit über 100.000 Soldaten aufweißen, erscheint diese Zahl als sehr wenig. Nun gibt es eine neue Strategie: Man möchte mehr afghanische Sicherheitskräfte ausbilden, um Afghanistan irgendwann in deren Hand zu übergeben. Auch möchte man durch die Truppenaufstockung direkter gegen die Taliban vorgehen um sie ein für alle mal auszulöschen. Gesagt, getan schon Anfang Februar kündigte die NATO eine Großoffensive gegen die Taliban an, bei der mehr als 15.000 amerikanische, britische und afghanische Soldaten beteiligt sind und die voraussichtlich mehrere Wochen dauern wird. Schon nach Tag eins, gab es zivile Opfer und dutzende tote Talibankämpfer.

Bundeswehreinsatz in Afghanistan

Mit der oben genannten Thematik werde ich mich in den nächsten Monaten genauer befassen. Ich habe dieses Thema nicht einfach so ohne weiteres gewählt, vielmehr interessiert mich wofür Deutsche Soldaten ihr Leben im Ausland aufs Spiel setzen und warum es unsere Bundesregierung für notwendig hält, deutsche Soldaten in ein solches Krisengebiet zu schicken. Zunächst möchte ich eine kleine Einführung ins Thema machen, was uns bzw. euch die Sache wesentlich einfacher und verständlicher macht.

Nach dem Anschlag auf das World Trade Center am 11. September, fingen die USA an, Afghanistan zu bombardieren, da sich dort terroristische Vereinigungen niedergelassen hatten. Unser damaliger Bundeskanzler Gerhard Schröder, versprach gegenüber den USA eine uneingeschränkte Solidarität. Die Bundesregierung wirkte an einem Stufenplan mit, welcher das Ziel hatte, die Macht an eine demokratisch legitimierte afghanische Regierung zu übergeben, nach dem die Taliban entmachtet wurde. Auch die NATO ( eine Militärische Vereinigung mehrerer Länder), beschloss zur selben Zeit ein Mandat, welches zum Wiederaufbau Afghanistans beitragen sollte. Es wurde eine internationale Einsatztruppe namens ISAF ( International Security Assistance Force) gegründet. Wie so oft musste/wollte  sich natürlich auch Deutschland an diesem Vorhaben beteiligen und stellte deutsche Soldaten zur Verfügung. Damals betonten die Politiker jedoch, dass es sich nicht um einen Kriegseinsatz handle, sondern vielmehr um einen Einsatz zur Herstellung und Aufrechterhaltung eines sicheren Umfeldes in Afghanistan. Anfangs fuhren deutsche Soldaten Patrouille sogar noch ohne Helm, um nicht als Besatzer sondern als Helfer verstanden zu werden. Schon 2003 wurde der Einsatz deutscher Soldaten ausgeweitet: Ihr Gebiet streckte sich von der Hauptstadt Kabul weiter in Richtung Kundus aus.

2005 wurde durch einen Beschluss unserer Bundesregierung, die Truppenstärke deutscher Soldaten auf 3000 erhöht. Bis dahin galt der Norden Afghanistans eher als ruhig, dennoch wurden deutsche Truppenverbände immer häufiger angegriffen und auch gezielte Selbstmordanschläge nahmen zu. Deutschland hatte erste Todesopfer zu beklagen. ,,Es ist eine tragische Nachricht, es zeigt wie gefahrvoll dieser Einsatz ist und welches Risiko unsere Soldaten in Afghanistan tragen.”, lautet ein Zitat unseres damaligen Außenministers Joschka Fischer. Andere Politiker wie Oskar Lafontaine kritisierten schon damals den Afghanistan-Einsatz. 2007 wurden 6 Aufklärungsflugzeuge vom Typ  Tornado nach Afghanistan entsandt. Die Kritik wuchs zunehmend, man warf deutschen Soldaten vor, sie würden keine Brunnen mehr bauen sondern sich intensiv am Krieg  beteiligen. Franz Josef Jung hielt dagegen, es seien schon über 650 Projekte realisiert worden und man müsse die Herzen der Menschen gewinnen.

Auch 2008 gab es weitere Gefechte, in denen deutsche Soldaten involviert sowie getötet wurden. Man sprach nun nicht mehr nur von einem Stabilisierungseinsatz sondern von einem konkreten Kampfeinsatz. Minister Jung äußerte sich wie folgt zu dieser damals neuen Sitation: “Es ist ein Stabilisierungseinsatz, der unter vier Aspekten durchgeführt wird: Schützen, helfen, vermitteln und kämpfen.” Auch die Bundesregierung bewilligte eine Aufstockung des Afghanistan Kontingents seinerzeit.

Die Situation in Afghanistan verschlechterte sich von Jahr zu Jahr und es wurde deutlich, dass dieser Einsatz länger dauern wird, als zunächst angenommen. Anfang diesen Jahres beteiligte sich die Bundeswehr erstmals an einer Offensive gegen feindliche Talibankämpfer. Es ist nun nicht mehr zu übersehen, dass es sich um einen Zustand handelt, in dem nahezu täglich verletzt als auch getötet wird. 

http://www.dw-world.de/dw/article/0,,4510441,00.html

MSC

Die Ergebnisse der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) sind über deren Webseiten einzusehen. Allgemein bewerten die Zeitungen die Ergebnisse als Fortschritt, so dass kritischere Stimmen nur schwer zu finden sind.

Der Friedens- und Konfliktforscher Walther Stützle warnt in einem SWR2 Tagesgespräch vor rein militärischem Denken und bezeichnet die Konferenz als “Sicherheitspolitisches Davos”. Gerade in Afghanistan sei es ein Fehler, wenn die neue US-Regieurung unter Präsident Obama auf die militärische Karte setze. Der Beitrag ist als MP3 nachzuhören. Im Interview mit dem SWR äußert sich auch Jürgen Trittin kritisch.

Zu den deutsch-amerikanischen Beziehungen allgemein findet sich hier ein Interview mit Gernot Erler.

Aktuelle Hintergrundinformation zur Situation in Afghanistan als Podcast liefert auch das Deutschland Radio hier (Spezialtruppen im deutschen Regionalkommando) und auch hier (Tadschikistan – Transitland für afghanisches Heroin).

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